Jugendzeit

Ich kam im Herbst 1959 in Lissabon zur Welt. Meine Eltern zogen dann bald mit meiner älteren Schwester und mir nach Zürich.

Mit 7 Jahren wurde bei mir, nachdem meine Eltern Störungen des Bewegungsapparates festgestellt hatten, die Krankheit Friedreich’sche Ataxie diagnostiziert. Ich musste eine Woche im Kinderspital Zürich zur Abklärung verbringen. Als mich meine Mutter einmal besuchen kam, sagte eine Assistenzärztin in meiner Gegenwart, sie hätten herausgefunden, dass ich an einer unheilbaren Krankheit litt, die mich entweder in den Rollstuhl bringen oder mit 30-40 Jahren zum Tode führen würde. Meine Mutter war natürlich völlig schockiert und

wollte mit dem Professor sprechen, welcher dann alles wieder von sich wies. So wurde in den 60er-Jahren mit den Patienten umgegangen!

Mit 13 Jahren bekam ich Krücken, weil ich immer häufiger stürzte und mich daher vor dem Schulweg fürchtete. In der Schule war ich überdurchschnittlich gut, hatte aber den Eindruck, dass die Lehrer meinten, ich könnte mir ein bisschen mehr Mühe geben; mein Schreibtempo war stark reduziert und ich hatte eine zittrige Schrift. Jedoch kam ich prüfungsfrei in die Sekundarschule. Ich bin heute noch dankbar, dass dies erkannt wurde. Trotzdem fühlte ich mich wie ein Mensch zweiter Klasse, weil ich auch merkte, welchen Status Invalide – wie man damals noch sagte – in der Gesellschaft hatten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, gar nicht zu existieren. Ich führte eine grosse Klappe, wahrscheinlich, um meine Minderwertigkeitsgefühle zu überspielen. Meine Eltern beteten für mich, dass ich einmal eine Arbeitsstelle finden würde und einen Partner, der mich pflegen könnte (sowie, dass ich ganz „durchgeistigt“ würde, auf dass mir mein Leiden weniger ausmachte). Alle diese Gebete wurden auf wunderbare Weise erhört.

Frühes Erwachsenalter

Mit 15 Jahren begann ich eine kaufmännische Lehre in einer Ausbildungsstätte für

Behinderte. Ich bekam einen Rollstuhl, um die längeren Strecken bewältigen zu können. Bald ging es ohne Rollstuhl gar nicht mehr. Im letzten Lehrjahr wurde ich zu einer EDV-Programmiererin ausgebildet.

Die erste Stelle, die ich gleich nach meiner ersten Bewerbung (!) antreten durfte, war beim Schweizerischen Baumeisterverband. Der damalige Präsident, Nationalrat Willy Messmer, war jemand, den ich eigentlich als ersten vernünftigen Christen wahrnahm. Mein Bild von Christen war entweder das von „Stündlern“ oder sonst irgendwie frommen Weltmenschen (Saubermänner).

In dieser Zeit bewohnte ich eine kleine rollstuhlgängige Wohnung und ging mit dem Taxi zur Arbeit. Mein Privatleben war ein wenig chaotisch. Ich war sehr ängstlich, glaubte aber, gegenaussen die „Coole“ spielen zu müssen.

Die Wochenenden verbrachte ich mit meinem Freund. Eigentlich suchten wir beide wenigstens passiv nach dem Sinn des Lebens. Wir störten uns an diversen gesellschaftlichen Zwängen und wollten davon befreit werden. Z.B. wollte ich einfach akzeptiert werden von der Gesellschaft, trotz meines Gebrechens, was den Menschen offenbar einfach nicht möglich war. Heute weiss ich natürlich aus welchem Grund. Viele Leute haben ja gar kein Interesse,

1 jemanden, der nach ihrer Meinung weniger wert ist als sie, zu akzeptieren („Du bist ganz in Sünden geboren und willst uns lehren“ – Joh. 9,34). Wenn ich im Rollstuhl unterwegs war, kam es z.B. immer wieder vor, dass mir wildfremde Leute Geld zustecken wollten (die Palette

ging von Fr. -.50 – Fr. 10.--). Sie beteuerten, wie schade „es“ sei (ich musste dann natürlich sofort wissen, was sie damit genau meinten). Diese Leute meinten es wohl „gut“, aber mich erniedrigten solche Machtdemonstrationen total. Da ich dieses Geld immer ablehnte, waren die meisten schwer beleidigt und fanden mich viel zu stolz. Ich kann aber nichts dafür, wenn andere Leute so unsensibel sind, dass sie nicht einmal Würde von Stolz unterscheiden können. Ausserdem sehen viele Leute in einem Rollstuhl einen Makel und etwas ganz Schlimmes; für mich und meinen Mann ist er lediglich ein wertvolles Hilfsmittel.

Bekehrung zu Jesus Christus

1980 wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben, obwohl ich schon konfirmiert war, von einem Taxichauffeur das Evangelium verkündet. Im Grunde sehnen sich alle Menschen nach Gott und möchten mit ihm zusammen die Ewigkeit verbringen. Der Mensch ist aber in einem verlorenen Zustand, fern von Gott, unfähig seine moralischen Anforderungen zu erfüllen (Bergpredigt) ... und zwar auch die Musterschüler und Saubermänner. Das empfand ich schon auch, aber warum sollte gerade Jesus, und nur ER, der Weg zu Gott sein? Die Befreiung, die man nach einer Bekehrung erfährt, gibt einem eine solche Gewissheit, dass dieser Weg völlig klar ist.

Im Neuen Testament fand ich schon erstaunliche Aussagen von Jesus über Behinderung, z.B. (Mt 18,8b) „Es ist besser für dich, dass du lahm oder verstümmelt in das Leben eingehest, als dass du zwei Hände oder zwei Füße habest und in das ewige Feuer geworfen werdest“.

Vielleicht kann sich das jemand, der gesund ist, nicht vorstellen. Aber für mich war das wie Balsam auf meine Seele, die ständig von den sogenannten Gesunden zertrampelt wurde.

1982 musste ich aus gesundheitlichen Gründen, u. a. starke Rückenschmerzen, meinen geliebten Beruf aufgeben.

Nun folgten Monate der intensiven Forschung und vieler Gespräche über den Glauben. Mein Weltbild änderte sich völlig. Hatte ich z.B. früher gefunden, die christlichen Missionare seien überflüssig und sollten die Naturvölker und Anhänger anderer Religionen gefälligst in Ruhe lassen, so wurde mir jetzt schon bewusst, in welchem von Angst beherrschten Zustand und Rachegeisterglauben diese Menschen waren, und dass auch sie unbedingt eine Erlösung durch Jesus Christus zugute hatten. Man kann jemanden nämlich auch aus Verachtung „in Ruhe“ lassen. Natürlich muss hinter einem Missionsauftrag Gottes Geist stehen („ohne mich könnt

ihr nichts tun“ Joh. 15).

2 Ein weiterer Punkt war die Sache mit den über 300 Prophezeiungen im Alten Testament, die lückenlos eintraten, bezugnehmend auf die Geburt und das Leben und Sterben Jesu. Meines Erachtens die überzeugendste Stelle für die Tatsache, dass Jesus für unsere Sünden (moralische Verfehlungen und Gottentfremdetes Leben) starb, ist Jesaia 53. Sie wurde mindestens 700 Jahre vor Jesu Geburt geschrieben und liess mich erkennen, dass hier etwas übernatürliches vorliegt:

3 Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und

mit Krankheit vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet

war er, und wir achteten seiner nicht.

4 Doch wahrlich, unsere Krankheit trug er, und unsere Schmerzen lud er auf sich;

wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und geplagt;

5 aber er wurde durchbohrt um unserer Übertretung willen, zerschlagen wegen

unserer Missetat; die Strafe, uns zum Frieden, lag auf ihm, und durch seine Wunden

sind wir geheilt.

6 Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeder wandte sich auf seinen Weg; aber

der HERR warf unser aller Schuld auf ihn.

Ich überlegte sehr lange, denn ich wusste, wenn ich diesen Schritt tue, gibt es kein Zurück. An einer Evangelisation *) mit Wilhelm Pahls bekehrte ich mich am 1. Mai 1983 mit meinem heutigen Ehemann.

*) Eine Evangelisation ist eine meist mehrtägige Vortragsreihe, in der alltägliche

Themen aus biblischer Sicht beleuchtet werden. Ziel ist, sich selber im Lichte der

Bibel zu sehen und damit seine Erlösungsbedürftigkeit zu erkennen und sich Jesus

Christus zuzuwenden.

Neues Leben aus Gott

Als Konsequenz zu dieser Bekehrung heirateten wir im Januar 1984. In der Hochzeitspredigt (Hochzeit zu Kana) erwähnte der Prediger, dass auch in meinem Leben Wunder eintreten würden. Das für mich Eindrücklichste, nebst den erhörten Gebeten meiner Eltern, ist sicher folgendes: Kurz nachdem ich mich bekehrt hatte, begann ich für meinen verschollenen und für tot gehaltenen Grossvater zu beten, dass wenn er noch leben würde, er noch einmal Gelegenheit bekäme, sich Gott zuzuwenden. Ca. 3 Jahre später bekamen wir einen Brief, dass

mein Grossvater in Lissabon im Sterben liege. Ich war natürlich sehr aufgeregt. Mein Mann war sofort dafür, dass wir ihn besuchten. Wir flogen nach Lissabon und durften ihm noch aus der Bibel vorlesen und die Sünden im Namen Jesu Christi vergeben:

Johannes, Kapitel 3, Vers 16: Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen

eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,

sondern das ewige Leben haben.

Ich habe nicht das Gefühl, dass es sich bei einer Bekehrung um eine Jenseits-Vertröstung handelt. Denn ich spüre Gottes Gegenwart jetzt schon und brauche seine Vergebung täglich. Oft, wenn wieder einmal widrige Umstände vorherrschen, kann ich nur noch beten „Herr rette mir diesen Tag“. Was ER dann jeweils in relativer Kürze auch tut.

Im Jahr 2000 wurde ich zufällig auf eine luftgefüllte Matratze aufmerksam, dank der meine Rückenschmerzen praktisch verschwanden. Dies empfinde ich als weiteres kleines Wunder. 2008 bekam ich solche Hüftschmerzen, wie ich sie noch nie in meinem Leben hatte. In Ruhelage ging es noch, aber wenn mich mein Mann herumtragen musste (was mind. 5 Mal täglich nötig ist – WC usw.), war es fast unerträglich, bei jeder Erschütterung ein kolossaler Schmerz im linken Hüftgelenk und in der Leistengegend. Es dauerte ziemlich lange, bis ich zum Arzt ging. Ich hatte grosse Angst, operiert werden zu müssen. Man machte mir 2 neue

Korsetts, doch die Schmerzen blieben. Ich war ganz verzweifelt und hatte viele schlaflose Nächte, in denen ich mir überlegte und überbetete, was zu tun sei.

Seit dieser Zeit bin ich Mitglied in einer Organisation, die für Anliegen von hilfsbedürftigen Frauen in der ganzen Welt betet („Projekt Hannah“). Das sind dann ganz andere Probleme, als wir sie in den westlichen Breitengraden kennen. Da müssen z. B. Frauen für ihre ganze Kinderschar mehrere Stunden täglich Wasser herbeischleppen, wenn sie überhaupt etwas zu Essen haben. Sie werden von ihren Familien wegen ihres Glaubens diskriminiert usw.

Im Oktober 2009 kam von dieser Organisation ein Schreiben, das zu einer Gebets-Fastenzeit einlud. Man durfte ein persönliches Gebetsanliegen bekannt geben. Ohne diese Aufforderung hätte ich mich nicht getraut, meine persönlichen Daten preis zu geben.

Der langen Rede kurzer Sinn: Auf für mich unerklärliche Weise, bin ich die Schmerzen völlig los geworden. Ich schrieb diese Besserung den Korsetts zu, obwohl der Orthopäde seinerzeit erklärt hatte, er könne nichts gegen Arthroseschmerzen ausrichten. Wie auch immer, für mich bleibt es ein Privatwunder.

Bis jetzt habe ich nur medizinisch erklärbare Besserungen erwähnt. Seit ca. dem 25. Lebensjahr litt ich unter den schrecklichsten Hustenanfällen, begleitet von Erstickungsangst, Schleimauswurf usw.

Nach einem solchen Anfall, der auch nachts auftreten konnte und mich aus dem Schlaf riss, war ich noch Stundenlang schockiert und ganz zittrig. Die letzten paar Male dachte ich, einen solchen Anfall würde ich nicht mehr überleben.

Seit ein paar Jahren sind solche Anfälle seltener und schwächer geworden. Halleluja! Ein Psalmvers (138,3), den ich einst als Jahreslosung gezogen hatte, versprach mir: „Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele grosse Kraft.“ Und genau das, habe ich mehrmals erlebt. Ich möchte nichts beschönigen. Ich kann fast nicht mehr sprechen, nichts mehr in den Händen halten und auch nicht mehr selbständig essen. Diese Krankheit ist ein Albtraum, aber ob ich ziemlich schmerzfrei bin und relativ gut atmen und schlucken kann und weniger huste, ist für mich natürlich schon sehr wichtig.

Wer mehr über den christlichen Glauben wissen möchte, dem empfehle ich die Radiosendungen des Evangeliums-Rundfunks (ERF) und die TV-Sendungen auf Bibel-TV. Beide kann man auch übers Internet empfangen.